Achtung vor dem Grauen

Das Wetter in Schottland ist meistens dürftig, dennoch verbringen die Menschen einen Großteil ihrer Zeit draußen. Sie sind draußen, weil die schönste Sehenswürdigkeit, die Schottland zu bieten hat, seine wundervolle Landschaft ist. Schon vom Auto aus ist es zu sehen, vollkommen genießen können Menschen die raue schottische Landschaft nur, wenn sie sich mitten hineinbegeben.

Gesagt getan

Wir haben das Auto auf dem Parkplatz stehengelassen und sind los gewandert. Die wunderschönen Fairy Pools auf der Isle of Skye waren unser Ziel. Sie liegen am Fuße der Black Cuillins, eine felsige Gebirgskette, die aufgrund ihrer Gesteinszusammensetzung so genannt wird. Ihnen gegenüber liegen die Red Cuillins. Dazwischen erstreckt sich Glen Sligachan. Dies beherbergt die Wasserfälle, Kaskaden und die Pools. Das klare Wasser kommt aus dem Fluss Brittle.

Wohnort der Feen

Einer schottischen Legende nach Leben im Gebiet um die Fairy Pools Feen. Beim um schauen bemerkt ihr, der Ort hat wirklich etwas Magisches durch die wunderschöne Landschaft. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Feen sich diesen Ort als zu Hause aussuchen.

Wir haben uns für eine Rundwanderung entschieden. Beginnend am Parkplatz folgten wir den vielen Menschen, die sich ebenfalls die Fairy Pools anschauen wollten. Festes Schuhwerk empfiehlt sich bei der Wanderung, es geht über Stock und Stein und das Gelände wird streckenweise sumpfig.

Tatsächlich sehen die Fairy Pools aus wie auf den vielen Bildern, die ihr im Internet findet. Das Wasser ist glasklar und schimmert in Grün- und Blautönen. Mutige Touristen springen in die eisigen Fluten. Je weiter wir der Kette an Becken und Wasserfällen folgten umso weniger Menschen waren unterwegs.

Kann man sich verlaufen, wenn man das Ziel sehen kann?

Wir konnten das. Wir hatten eine Wegbeschreibung aus dem Internet, nach kurzer haben wir die beschriebenen Wegmarkierungen nicht mehr gefunden und sind nur noch unserer Intuition gefolgt. Wir waren eingerahmt von den kargen Bergen und standen auf Wiesen bewachsen mit Blumen und Wollgras. Es war fantastisch, allein in mitten von einem Haufen schottischer Natur.

Den Weg unserer Rundwanderung haben wir verloren aber umkehren war keine Option, noch nicht zumindest. Wir folgten stattdessen kleinen Trampelpfaden und durchquerten einmal das Tal. Nach ca. zwei Stunden begann dann der Albtraum für jeden noch so erfahrenen Wanderer. Nichts Ahnend folgten wir unserem Pfad, genossen die wunderschöne Natur und die reine Luft Schottlands. Allmählich bemerkten wir eine Veränderung. Wir spürten Blicke die uns stetig verfolgten. Der Boden war mit seltsamen schwarzen Kugeln übersät, die weich unter unseren Wanderschuhen nachgaben. Das verfolgte Gefühl wurde immer stärker bis plötzlich und ganz leise das Grauen hinter einem großen Stein hervor kam.

Es stellte sich genau auf unseren Pfad. Wir waren wie paralysiert und überlegten fieberhaft, was nun zu tun ist, wie wir dem Grauen unversehrt entkommen können. Umkehren? Zwei Stunden Rückweg um zum Ziel zu kommen in Kauf nehmen oder todesmutig dem Grauen entgegentreten und nur noch eine Stunde Weg vor uns haben.

Wir wählten Variante zwei und mit einem weitläufigen Bogen umgingen wir das personifizierte Grauen in Form eines Schafes. Das Tier beobachtete uns, kaute aber dennoch in aller Seelen Ruhe auf seinem Grashalm herum. Ich würde sagen wir sind die größten Angsthasen, die es gibt.  Nach dem wir dieses lebende Hindernis gemeistert hatten konnten wir wieder die Natur genießen und sind wohlbehalten aber erschöpft wieder zurückgekehrt.

Auf Isle of Skye gibt es sehr viele Schafe und sie laufen frei über die ganze Insel, zupfen ab und an mal in Vorgärten an den Blumen, was sie in dem Fall nicht besonders beliebt macht. Es kann passieren, dass sie es sich auf der Straße gemütlich machen oder in einer Bushaltestelle Unterschlupf suchen. Wenn ihr mit dem Auto unterwegs seid, gebt Acht auf die Schafe auch wenn sie einen manchmal erschrecken.